Autonomes Fahren auf der Uberholspur

Uber mischt mit seinem Modell der privat organisierten Fahrtdienste den Markt für Personenbeförderung auf. Dabei wird anscheinend vor allem hart um den heutigen Status Quo gekämpft. Viel aussichtsreicher kann sich jedoch ein Blick in die nähere Zukunft erweisen – ab Januar 2015 sind in den USA die ersten autonomen Fahrzeuge ganz ohne Fahrer und ganz legal auf öffentlichen Strassen unterwegs.

Findige Startups besetzen immer neue Nischen und stellen dabei oft die bisherigen Prinzipien von etablierten Unternehmen oder nicht selten ganzen Branchen auf den Kopf. Airbnb beispielsweise gewinnt mit privat vermittelten Übernachtungsangeboten gegenüber dem Hotelgewerbe, Uber bietet eine nutzerfreundliche Alternative zum klassischen Taxi und Netflix mischt mit seinem Streaming Dienst den TV und Video Markt auf. Eine Vielfalt an immer neuen Unternehmen setzt neben der Digitalisierung auf eine neue Kultur des Teilens, die „Sharing Economy“.

Findige Startups fordern mit neuen Diensten ganze Branchen heraus

Dies verdeutlicht vor allem, dass wir schon lange nicht mehr immer alles selbst besitzen müssen, sondern in vielen Fällen das reine Nutzen oder das Teilen sowohl wirtschaftlich als auch vom Sympathiefaktor her gesehen die bessere Wahl sein kann. Es ist nachvollziehbar, dass die etablierten Anbieter ihren vorhandenen Markt dfür nicht freiwillig aufgeben werden. Über die Mittel und den Weg dabei lässt sich durchaus diskutieren.

 

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Der Ruf nach gesetzlichen Vorschriften und Regulierung scheint hierzulande die erste Wahl und wird uns immer noch von der Musikindustrie vorgelebt, die gerne mal die halbe Bevölkerung zu Kriminellen erklären will. Ob das Säbelrasseln und die Drohszenarien die richtige Strategie sind, um sich auf die Digitalisierung einzustellen, sei dahin gestellt.

Tatsache ist, dass sich neue Wege durchsetzen und wenn – wie gerade geschehen – das neue U2 Studioalbum zur Veröffentlichung 500 Millionen mal digital verschenkt wird, so ist das nur ein weiterer Beleg für den ungebrochenen Erfolg des „Free Geschäftsmodells“, bei dem mithilfe von kostenfreien (digitalen) Gütern oder Diensten Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit erzeugt werden, um anschließend darauf aufbauende Umsätze in anderen Bereichen zu machen, wie hier z.B. mit Konzertveranstaltungen oder Merchandising.

Das Kundenerlebnis rückt in den Mittelpunkt

Fällt der Blick auf Uber und die anscheinenden ersten Erfolge, um die Machenschaften dieses aufsässigen Startups in unserem Land gerichtlich unterbinden zu lassen, so scheint die Energie für den Kampf an der falschen Stelle investiert zu werden. Was schließlich am Ende kein Gericht der Welt stoppen wird, ist der Gang der Dinge, dass neue – attraktivere – Dienstleistungsangebote entstehen werden und sich über Angebot und Nachfrage ein Markt dazu einstellt.

Die Branche täte also gut daran, den Fokus weniger auf juristische Attacken zu legen als sich intensiv Gedanken zur eigenen Zukunft zu machen. Der Blick auf die Dinge, die da kommen, zeigt ein noch viel radikaleres Bild als nur den Vormarsch von individualisierten und kosteneffizienten Angeboten.

Autonome Taxis brauchen gar keine Fahrer mehr

Die bereits in den USA auf öffentlichen Strassen getesteten autonomen Fahrzeuge werden überhaupt keine Taxifahrer mehr brauchen und gleichzeitig allgegenwärtig sein, da sie mit minimalem Aufwand rund um die Uhr zur Verfügung stehen und die Kunden mit schnellen Anfahrtzeiten und optimierten Fahrtrouten verwöhnen. Allein aus Sicht der Kosteneffizienz ist das Modell enorm im Vorteil, gleichzeitig wird jedes dieser Fahrzeuge unsere Städte entlasten und Ressourcen schonen, da insgesamt weniger privat gehaltene Fahrzeuge benötigt werden. Diese stehen im Schnitt gut 90% der Zeit und belegen wertvollen Parkraum.

Die radikale Veränderung einer ganzen Branche scheint damit heute schon besiegelt zu sein und es ist letztlich nur ein Detail, ob dieser Umbruch noch 3, 5 oder 10 Jahre entfernt ist. Am Ende wird er stattfinden und unter diesem Aspekt scheint es lohnenswert, sich intensiv damit zu beschäftigen, wie dieses vollautomatisierte Grundangebot sinnvoll ergänzt und individualisiert werden kann.

Uberfahrt trifft Couchsurfing

Bucht man sein persönliches „Couchsurfing“ Angebot über den Airbnb Marktplatz für private Übernachtungen so könnte es durchaus interessant sein, gegen einen entsprechenden Aufpreis persönlich vom Vermieter am Bahnhof oder Flughafen abgeholt zu werden. Dieser kann einem dann auf der Fahrt gleich alles Wissenswerte zur Wohnung, der Umgebung oder den Freizeitmöglichkeiten erläutern und stellt eine menschliche Brücke zur Umgebung dar. Soziale Interaktion wird zunehmend seltener und kann daher durchaus ein werthaltiges Gut sein, um unseren sonst so vollautomatisierten anonymen Alltag mit einer persönlichen Komponente zu bereichern.

Welche Angebote auch letztlich am Markt als bezahlte Ergänzung zum vollautomatisierten Basisdienst Einzug halten werden, sie werden von hoher Individualisierung geprägt sein und dazu beitragen, die „Customer Experience“ wesentlich zu verbessern. Sich damit intensiver auseinanderzusetzen scheint in jedem Fall lohnenswerter als der Ruf nach staatlichem Eingriff, um die bevorstehenden Veränderungen noch etwas länger hinauszuzögern, die sich dann aber am Ende doch nicht verhindern werden lassen.

Die Welt dreht sich weiter und der Taktschlag wird immer schneller. Besser wir nutzen die Chancen, die sich daraus ergeben und gestalten die Veränderungen aktiv mit, anstatt nur zu jammern und auf Hilfe „von oben“ zu hoffen.

 


netzpolitik.org/2014/jeremy-rifkin-ueber-die-null-grenzkosten-gesellschaft/
heise.de/newsticker/meldung/Mitfahr-Apps-Uber-bundesweit-untersagt/
theguardian.com/commentisfree/2014/sep/13/has-rocknroll-sold-out-u2-apple-stunt/
horizont.net/marketing/kommentare/Die-Uber-fizierte-Welt-Es-geht-um-viel-mehr-als-ums-Taxi-Fahren/