Open Access
Die Art und Weise der Zusammenarbeit unter Wissenschaftlern verändert sich mit den digitalen Möglichkeiten. Plattformen, die speziell für die Zusammenarbeit von Forschung und Wissenschaft entstanden sind, werden zunehmend intensiv genutzt. Gleichzeitig festigt sich die Forderung nach einer freien Verfügbarkeit (Open Access) von aktuellen Forschungsergebnissen, Veröffentlichungen und Grundlagen.
Während der wissenschaftliche Austausch in Vergangenheit oft auf Kollegen, Konferenzen und Industriekontakten eingegrenzt war so laden heute Blogs, Feeds oder Aggregatoren zu offenen Diskussionen, zeitnahen Rezensionen und zum spontanen Kommentieren ein. Gleichzeitig bleibt das Veröffentlichen von Ergebnissen nicht mehr allein darauf spezialisierten Fachverlagen vorbehalten, sondern geschieht ebenfalls auf vielfältigen Wegen. Dabei gilt, dass frei zugängliche Veröffentlichungen eine deutlich höhere Sichtbarkeit erreichen, öfters vernetzt und referenziert werden können.
Die neuen Bindeglieder für wissenschaftliche Kollaboration heissen Mendeley, ResearchGate oder Academia und zählen mittlerweile mehrere Millionen Mitglieder. Sie vertreten eine neue Generation von Wissenschaftlern, die nicht mehr jahrelang für sich allein forschen wollen, um dann am Ende die eine große Publikation veröffentlichen zu lassen, sondern die vor allem an Austausch, Vernetzung, Sichtbarkeit und Teamwork interessiert ist. Hier entstehen dann auch tendenziell kompaktere Aufsätze, die dafür häufiger und schneller erscheinen, durch Peer-Review-Verfahren bewertet werden und vorwiegend für die gesamte Wissenschaftsgemeinde frei verfügbar sein sollen.
Auf der von Recensio veranstalteten RKB-Tagung (Rezensieren, Kommentieren, Bloggen) am vergangenen Wochenende stand die Frage „Wie kommunizieren Geisteswissenschaftler in der digitalen Zukunft?“ im Mittelpunkt. Nicht nur wegen der klaren Ausrichtung von Recensio zu Open Access waren dann auch dessen Befürworter in der Überzahl. Die Diskussionen reflektierten alle Aspekte, wie sich der Arbeitsstil und die Methodiken umfassend ändern, welche Chancen sich daraus ergeben und mit welchen Bedenken man sich auseinandersetzen muss. Einige der oft kontroversen Standpunkte und Einsichten lassen sich unter dem Hashtag #rkb13 nachlesen.
Nicht zuletzt hat der kürzliche Selbstmord von RSS-Co-Autor, Reddit-Mitgründer und Hacktivist Aaron Swartz die Diskussion um offene Publikation noch weiter angeheizt, nachdem er am MIT mehrere Millionen wissenschaftlicher Veröffentlichungen kurzhand „befreit“ und sich damit die Ungunst der US Staatsanwaltschaft zugezogen hatte.
Besonders interessant ist der Blick auf das Geschäftsmodell der Fachzeitschriften und Wissenschaftsverlage. So erzielten die spezialisierten Verlage ihre Einnahmen durch die exklusiven Rechte für die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Arbeiten und Aufsätzen. Dabei fallen in Nischen teilweise exorbitant hohe Kosten für Bibliotheken und Forschungseinrichtungen an, um die Journals oder Veröffentlichungen regelmässig im Abo zu beziehen.
Setzt sich die Idee hinter Open Access weiter durch, dass von der Allgemeinheit finanziertes Wissen auch wieder frei an diese zurückfliessen soll, so müssen die Verleger ihre bisherige Wertschöpfung grundlegend überdenken und sich darauf konzentrieren, an welchen Stellen sie einen wesentlichen Mehrwert schaffen können.